Kommunalwahlen in Zeiten der Corona-Pandemie

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens hält am 13. September für die Kommunalwahlen 2020 fest und macht somit im Hinblick auf Vorbereitung und Organisation der Wahlen ein Umdenken erforderlich. Welche Maßnahmen sind konkret für die Wahlen geplant? Worauf müssen sich die Wähler einstellen und wie können sie sich vorab informieren?


Ein Wahlkampf lebt und profitiert von einer intensiven Vorarbeit. Die einzelnen Parteien rühren in der Innenstadt, auf Wochenmärkten und Stadtfesten die Werbetrommel. Infostände, Straßenwahlkampf und Diskussionsveranstaltungen stehen auf der Agenda der Kandidaten. So war es auch in diesem Jahr vorgesehen, wenn in Nordrhein-Westfalen die Vertretungen der Städte, Gemeinden und Kreise sowie die Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister gewählt werden. Doch aufgrund des Corona-Virus wird es schwierig, im Vorfeld der Wahl die Kandidaten und deren Wahlprogramm den Bürgern vorzustellen und für diese nahbar und ansprechbar zu sein. Bis Ende August sind in NRW zunächst einmal Großveranstaltungen wie Stadt-, Dorf- und Straßenfeste sowie Schützenfeste untersagt. Die notwenigen Unterstützungsunterschriften, die Parteien im Vorfeld sammeln und einreichen müssen, sind schon mal auf 60 Prozent abgesenkt worden. Auch der Stichtag für die Einreichung von Wahlvorschlägen wurde vom 11.Tag auf den 38.Tag vor der Wahl geändert.

Vorstands-und Fraktionssitzungen per Videokonferenz
Das Bündnis 90 die Grünen in Mülheim an der Ruhr halten die anstehenden Vorstands- und Fraktionssitzungen per Telefon- oder Videokonferenz ab. Dies kam aber für die Wahl des Oberbürgermeister-Kandidaten nicht in Frage. Daher wurde auf einer Parteiversammlung Wilhelm Steitz als Kandidat aufgestellt. „Dies war nur mit viel Aufwand möglich“, sagt Reiner Neumann vom Bündnis 90 die Grünen Mülheim an der Ruhr. Genutzt wurde für die Versammlung das Forum der Otto-Pankok-Schule. Es gab Abstandsmarkierungen für die Warteschlange, wegweisende Pfeile auf dem Boden sowie im Raum verteilte Stuhl-Inseln, auf denen die rund 40 anwesenden Teilnehmer erst ihre Schutzmasken abnehmen durften. In der „heißen Phase“ des Wahlkampfes, die sechs Wochen vor der Wahl beginnt, sind vor allem aufgrund von Corona mehr Veranstaltungen und Infostände draußen im Freien als innerhalb von Gebäuden vorgesehen. „Natürlich mit dem nötigen Abstand und Tragen von Schutzmasken, sofern es zu dem Zeitpunkt noch erforderlich ist“, sagt Neumann.

Eine Parteiversammlung von Bündnis 90 die Grünen in Mülheim spiegelt das Einhalten der Abstandsregelungen gut wider. Sie wurde im Juni 2020 in einer Schule abgehalten. Foto: ündnis 90 die Grünen/Mülheim an der Ruhr

Information und Werbung für die Bürger verstärkt online
Eine Möglichkeit für die Parteien besteht darin, die Wähler verstärkt online über ihr Wahlprogramm zu informieren. Die CDU Düsseldorf setzt auf den verstärkten Einsatz von sozialen Medien und Artikeln auf ihrer Homepage. Dies könnte den Vorteil haben, auch die jüngere Generation anzusprechen. Auf der Facebook-Seite der CDU Düsseldorf wurde Ende Mai der Ratskandidat für den Wahlbezirk 1, Stephan Keller, vorgestellt. Über einen Link kommt man zu einem ausführlichen Artikel sowie zu einem YouTube-Video über den Kandidaten und seine Ziele und Pläne.


Auch die SPD Dortmund setzt ganz klar auf Online-Wahlkampf, Diskussionsrunden werden vorerst nur online stattfinden. Der Oberbürgermeister-Kandidat Thomas Westphal nutzt die Social Media-Plattform Instagram für Gespräche und möchte die Menschen in Dortmund über ihren Facebook-Account erreichen. „Es wird der größte Online-Wahlkampf aller Zeiten“, sagt Westphal in einem Interview mit dem Nordstadtblogger.

Andere Örtlichkeiten als Wahllokale finden
In vielen Städten können die Bürger in Gaststätten, Seniorenheime oder Pfarrheimen ihre Wahlstimme abgeben. Dies wird in diesem Jahr nur möglich sein, wenn der nötige Abstand von 1,5 Metern gewährleistet werden kann. Falls dies nicht möglich ist, wird auf Schulen bzw. Turnhallen, Aulen, und pädagogische Zentren ausgewichen. Ein Gesetzentwurf sieht außerdem die Möglichkeit für die Kommunen vor, die Stimmbezirke von derzeit 2.500 auf bis zu 5.000 Einwohner zu vergrößern. Die Städte Dortmund und Düsseldorf suchen noch nach Alternativen zu Seniorenheimen und Kindertagesstätten, die sonst verstärkt als Wahllokale genutzt wurden. „In Mülheim an der Ruhr finden schon seit langer Zeit die Wahlen in Klassenräumen statt, also haben wir hier kein Problem was den Abstand angeht“, berichtet Volker Wiebels, Pressesprecher der Stadt Mülheim an der Ruhr. Die Stadtverwaltung Bottrop hat für die jetzt geradebeginnenden Gremiensitzungen die größte Sporthalle der Stadt, die Dieter-Renz-Halle, gesperrt und sie für die Sitzungen des Stadtrates und weiterer Gremien „umgebaut“. Die Halle wird den Parteien darüber hinaus als Ort für Aufstellungsversammlungen angeboten. „Es laufen selbstverständlich durch das städtische Wahlamt Überprüfungen, ob die bisherigen Wahllokale den möglichen Anforderungen im Weiteren der Corona-Lage entsprechen“, so Andreas Pläsken von der Pressestelle der Stadt Bottrop.

Beitrag: Christine Jabs

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