Felix Vörtler – „Ich habe Glück: Mein Leben passt.“

„Herr Brockhorst, hier fühle ich mich sicher!“ Charmanter könnte das Kennenlernen einer zugezogenen neuen Nachbarin für einen Fernsehkommissar im richtigen Leben kaum ausfallen. Mit 10 Folgen der humorvollen Krimiserie „Friesland“ ist Kommissar „Brocki“, den man nicht unbedingt unter seinem richtigen Namen Felix Vörtler kennt, längst als Schauspieler in heimische Wohnzimmer eingezogen. Aber auch als Kriminalrat Uwe Lemp (Polizeiruf 110 Magdeburg), als Barbesitzer Carlo (Heldt), und als Mike Neurath (Phönixsee) agiert Vörtler als „Serientäter“.
 
Felix Vörtler ist während des Interviews in Erzähllaune. Dazu gesellt sich in der heimischen Wohnküche die Sängerin und Autorin Franziska Dannheim, seine Ehefrau. Die vielen witzigen Anekdoten hätten gut die doppelte Seitenzahl füllen können.

RMM: Seit 1988 leben Sie im Ruhrgebiet, mit Ihrer Familie seit 1999 in Essen. Ist hier Ihre Heimat?
 
Felix Vörtler: (…überlegt) Meine Wurzeln sind im bayerischen Cham. Meine gewählte Heimat mit meiner Familie aber ist Essen. Für mich ist Heimat dort, wo meine Familie lebt. Wir haben mit keinem Ort einen Vertrag. Das kann sich für uns also durchaus wieder ändern.
 
RMM: Mögen Sie das Ruhrgebiet?
 
Felix Vörtler: Zwar musste ich mich in den 80ern erst an den direkten verbalen Schlagabtausch im Revier gewöhnen, den ich als unhöflich empfand. Aber nach einem Jahr wusste ich, wie „Zurückschießen“ geht. Heute schätze ich diese Direktheit der Menschen und ihre Mentalität. Und ich liebe die Veränderung der Region, die sie so vielfältig macht. Mit dem Fahrrad entdecke ich immer wieder Zauberorte im Grünen. Rein strategisch liegt Essen einfach großartig, fast in der Mitte Deutschlands. Es ist vor allem nicht weit zum Meer…
 
RMM: Möchten Sie über Ihren Weg zur Schauspielerei erzählen?
 
Felix Vörtler: Wie so oft in meinem Leben spielte der Zufall die Hauptrolle. Eine Freundin, die in Berlin auf die Schauspielschule ging,  nahm mich mit in die Vorstellung „Der Talisman“. Ich war absolut begeistert und fasziniert von dem, was ich auf der Bühne sah. In Cham und Umgebung gab es Anfang der 80er ja keine Theater. Am nächsten Tag nahm sie mich mit in den Schauspielunterricht. Ich lernte eine völlig neue Welt kennen. Bühnenerfahrungen hatte ich zuvor allein in der regionalen Kleinkunstszene gesammelt. Kurz nach meinem „Berliner Flash“ begann ich meine Schauspielausbildung am Zinner Studio in München. Meine Mutter war anfangs gar nicht begeistert, wurde aber ein paar Jahre später mein größter Fan.

Kann Carlo (Felix Vörtler, r.) seinem Freund Nikolas Heldt (Kai Schumann, l.) möglicherweise mit Infos über alte Fälle bei der Ergreifung des Täters „Roter Pullover“ weiterhelfen? (Serie „Heldt, ZDF). Foto: ZDF/Frank Dicks

 
RMM: Ihr erstes Engagement ließ ja nicht lange auf sich warten.
 
Felix Vörtler: Schon während der Ausbildung hatte ich beim Residenztheater München ein Engagement (1983-85). Ich studierte und spielte also gleichzeitig. Nach einer zweijährigen Pause als Beleuchter bei einer Münchener Filmfirma zog es mich 1987 zum damaligen Musiktheater Oberhausen. Dann wechselte ich wieder zum Theater – nach Göttingen. Als ich Anfang der 1990er zurück zum Theater Oberhausen kam begegnete ich dort übrigens meiner Frau Franziska. (Franziska lacht: „Ich war die singende Hupfdohle und wir hatten den Platz in der Maske nebeneinander“). Näher kennengelernt haben wir uns allerdings später bei der Theater-Kultserie „Polizeirevier OB Mitte – erweitert als „Polizei-Revue“. Insider werden sich an das Programm erinnern.

Franziska Dannheim: Wir waren beide in einer lebendigen wilden Lebensphase unterwegs und brauchten Zeit, uns anzunähern.  

RMM: Wie sind Sie auf die Idee gekommen zum Film zu wechseln? In Bochum hatten Sie ab 2000 ein festes Engagement mit spannenden Rollen.

Felix Vörtler: Das verdanke ich wieder einem Zufall. Sönke Wortmann beobachtete mich bei einer Bochumer Theaterpremiere, sprach mich an und engagierte mich spontan für den Kinofilm „Das Wunder von Bern“. Das war 2002 und der Film befand sich damals schon in den Vorbereitungen. Ich spielte die kleine, aber anscheinend überzeugende, Rolle des Pfarrers. Bei den Dreharbeiten kam eine Dame in der Kirche auf mich zu und sagte: „Das sind verrückte Leute hier vom Film, oder? Was sagen Sie, Herr Pfarrer?“

Zu dieser Zeit schloss ich mit der Agentur Imdahl einen Vertrag und wurde für die Kinoproduktion „Der 10. Sommer“ gebucht. Das war quasi mein Startschuss für den Film. Da ich durch das Theater gebunden war und zeitlich kaum für Filmdrehs zur Verfügung stand, habe ich mein festes Theaterengagement nach drei parallelen Film-Theater-Jahren gekündigt und einige Jahre ausnahmslos Gastrollen übernommen. Ausschließlich vom Film zu leben hat allerdings 10 Jahre gedauert.

RMM: Aktuell sind Sie recht häufig im Fernsehen zu sehen. Friesland, Polizeiruf 110 Magdeburg, Tatort, Heldt… Bei so vielen Produktionen können Sie doch kaum noch zuhause sein!?

Felix Vörtler: Was man gar nicht glaubt: Eine Wiederholung muss ich nicht wieder neu drehen (…lacht). Das ist beim Theater ganz anders. Jeder Abend ist „Sendetermin“. Ich war ja 25 Jahre fest beim Theater und hatte das Glück, immer viel und sehr viele tolle Rollen spielen zu dürfen… zu müssen. Beim Film ist die Drehzeit meist kompakt und die Vorbereitungszeit zuhause kann ich flexibler einteilen.

Ist Muhammad Hövermann (Felix Vörtler) ein Selbstmordattentäter oder etwa selbst Opfer? Tatort „Sturm“, ARD. Foto: WDR/Frank Dicks

RMM: Werden Sie heute auf der Straße erkannt und angesprochen? Fühlen Sie sich prominent?
 
Felix Vörtler: In der Tat werde immer häufiger angesprochen. Ich wär falsch in meinem Beruf, wenn ich mich nicht über wachsende Aufmerksamkeit freuen würde. Aber mein Beruf ist nicht Prominenter, sondern Schauspieler.
 
RMM: Sie haben eine markante Stimme und artikulieren außergewöhnlich deutlich. Haben Sie nie daran gedacht, als Sprecher zu arbeiten?
 
Felix Vörtler: Nein, es hat sich bisher nicht ergeben. Ich freue mich aber über zunehmende Angebote vom WDR für Hörbücher oder Features.
 
Franziska Dannheim: (…freudig…) Oh ja, der auf dem Dachboden verschollene vierte Band „Hotzenplotz und die Mondrakete“. Mein Mann spricht in der Hörspielversion den Hauptwachmeister Dimpfelmoser. Ich bin so stolz!
 
Felix Vörtler: Wir hatten so derartig viel Spaß beim Sprechen. Die Figuren in der Geschichte sind natürlich unglaublich überzeichnet, da konnte ich mich stimmlich förmlich gehen lassen. Seriös albern eben.

„Meine Wurzeln sind im bayerischen Cham. Meine gewählte Heimat mit meiner Familie aber ist Essen. Für mich ist Heimat dort, wo meine Familie lebt. Wir haben mit keinem Ort einen Vertrag.“

Als bühnenpräsentes Ehepaar setzen sich Franziska Dannheim und Felix Vörtler gemein- sam für die Autoimmun-Stiftung ein. Foto: Ann Baer

RMM: Sprechen Sie eigentlich bayerischen Dialekt oder Ruhrpöttisch?
 
Felix Vörtler: Mein ursprünglicher Dialekt ist bayerisch, wurde mir aber von meiner sehr strengen Phonetik-Lehrerin Gisela Hoeter ausgetrieben. Ansonsten lebe ich seit 35 Jahren im Ruhrgebiet. Dat präähcht.
 
RMM: Haben Sie eine Traumrolle, die Sie einmal spielen möchten?
 
Felix Vörtler: Alle zukünftigen Rollen sind schon jetzt meine Lieblingsrollen. Ich hatte das Glück, dass ich zu allen bisherigen Charakteren stehen konnte. Es gibt nur wenige Filme bei denen ich froh bin um jeden Zuschauer, der das nicht sieht.
 
RMM: Wenn Sie zwei Wünsche frei hätten, welche wären es?
 
Felix Vörtler: Ich habe wie viele Menschen Wünsche, die aus der Situation heraus eher Pflasternatur haben: Geld oder das Gelingen von Dingen. Ich kann aber sagen: Ich lebe genau in dem Leben, in dem ich leben will. Das ist mein Glück.
 
RMM: Seit Anfang vergangenen Jahres sind Sie gemeinsam Botschafter für die Deutsche Autoimmun-Stiftung.
 
Franziska Dannheim: Ja, es war die Idee des Pressesprechers der Stiftung, er ist ein absoluter Friesland-Fan. Er suchte nach einem „Medien-Ehepaar“ als Botschafter. Uns beide hat überzeugt, dass in der Stiftung verschiedene medizinische Disziplinen dieser vielfältigen Krankheitsbilder zusammengebracht werden. Das entspricht unserem ganzheitlichen Anspruch, nicht nur in der Medizin. Wir möchten unser Publikum auf die wichtige Arbeit der Stiftung aufmerksam machen, Ideen haben wir schon erarbeitet.

Beitrag: Ann Baer 

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