Wasserstoff gilt als Schlüssel der Energiewende

Im ersten internationalen Wasserstoffranking liegt die Metropole Ruhr in der Spitzengruppe

Laut einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) rangiert die Metropole Ruhr im Vergleich mit acht deutschen Wasserstoffregionen mit München und Stuttgart im Spitzenfeld. Für den Erfolg der nationalen Wasserstoffstrategie empfiehlt das IW eine regionale Spezialisierung der H2-Kompetenzen und den Aufbau einer bundesweiten Koordinierungsstelle.

Wasserstoff gilt als Schlüsseltechnologie der Energiewende. Die Mitte Dezember 2020 veröffentlichte Studie des IW vergleicht und bewertet erstmals die Potenziale der neun wichtigsten Wasserstoffregionen in Deutschland über einen Index. Das Ranking gibt so Hinweise, mit welchen Kernkompetenzen die Vergleichsregionen zu einer erfolgreichen nationalen Wasserstoffstrategie beitragen können. Die Studie wurde vom Regionalverband Ruhr (RVR) in Auftrag gegeben. Für das Ranking hat das IW unter anderem Datenbanken ausgewertet und Mitglieder des nationalen Wasserstoffrats befragt. In der Gesamtbetrachtung aller elf Einzelindikatoren zu Unternehmens- und Forschungslandschaft, internationaler und regionaler Vernetzung sowie Infrastruktur weisen die Metropole Ruhr (Indexwert: 141) sowie die automotive-affinen Regionen Stuttgart (130) und München (115) die besten Ausgangsbedingungen für einen schnellen Markthochlauf  der Wasserstofftechnologien auf.

Wasserstoffaffine Unternehmen

„Die Wasserstoffindustrie der Metropole Ruhr ist vergleichsweise weit entwickelt. Als einzige Region im Ranking erlaubt sich das Ruhrgebiet keine echte Schwäche“, so Hanno Kempermann, Leiter Branchen und Regionen beim IW. Das Ruhrgebiet zeichne sich durch viele wasserstoffaffine Unternehmen, international bestens vernetzte Forschungseinrichtungen, einen hohen regionalen Kooperationsgrad und sehr gute infrastrukturelle Voraussetzungen aus. „Die Kernkompetenz der Metropole Ruhr ist aufgrund ihrer historischen Prägung der industrielle Anwendungsbereich“, so Kempermann. Das IW empfiehlt der Region, dieses Know-how weiter auszubauen und im nationalen Rahmen die Rolle einer Spezialistin für industrielle Anwendungen einzunehmen.

Aufbau einer nationalen Koordinierungsstelle

In der Spezialisierung der Wasserstoffregionen sieht das IW einen wesentlichen Baustein zum Gelingen der nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung. Ebenso wichtig sei eine effiziente bundesweite Vernetzung und Zusammenarbeit der Regionen, damit sich Deutschland als globaler Vorreiter bei Wasserstofftechnologien positionieren könne. Um den nationalen Markthochlauf zu beschleunigen, empfiehlt das IW, eine nationale Koordinierungsstelle aufzubauen. „Diese koordinierende und vernetzende Aufgabe sollte in der Metropole Ruhr verankert werden, weil keine zweite Region in Deutschland eine so breite Wasserstoffexpertise vorweisen kann“, sagt IW-Experte Kempermann. Der RVR setzt ebenfalls auf ein national koordiniertes Vorgehen bei der Entwicklung der Wasserstoffindustrie: „Die Metropole Ruhr hat sich enorme Vorteile bei Wasserstofftechnologien erarbeitet. Diese Zukunftschancen können wir am besten im engen Zusammenspiel mit den anderen Wasserstoffregionen in Deutschland nutzen“, sagt RVR-Direktorin Karola Geiß-Netthöfel.

Wasserstoff-Konsortium bewirbt sich um EU-Fördergelder

Das Ziel des Projekts GET H2 Nukleus ist die Schaffung des landesweit ersten öffentlich zugänglichen Wasserstoffnetzes mit skalierbarer industrieller Erzeugung von grünem Wasserstoff. Das Wasserstoff-Konsortium um RWE Generation, bp, Evonik, Nowega und OGE hat Ende 2020 einen Antrag auf Förderung aus dem EU Innovation Fund eingereicht. Konkret geht es dabei um die Übernahme eines Teils der Investitions- und Betriebskosten von RWE und bp für die Erzeugung und Abnahme des grünen Wasserstoffs im Rahmen des GET H2 Nukleus. Die beantragte Fördersumme beläuft sich auf einen mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Betrag verteilt über zehn Jahre. GET H2 Nukleus will den nationalen Ausbau einer Wasserstoffwirtschaft entlang der Wertschöpfungskette in Deutschland in Gang setzen. Dafür plant RWE Generation, auf dem Gelände ihres Gaskraftwerks in Lingen in einem ersten Schritt eine 100-MegawattElektrolyseanlage zu errichten. Die dann größte existierende Anlage dieser Art in Deutschland wird voraussichtlich ab 2024 pro Stunde zwei Tonnen grünen Wasserstoff erzeugen. Dieser soll in künftig auf Wasserstofftransport umgestellte bestehende Leitungen des Erdgas-Fernleitungsnetzes zur bp Raffinerie in Gelsenkirchen, zum Chemiepark Marl der Evonik sowie gegebenenfalls zu weiteren Abnehmern gelangen. Wasserstoff ist bereits heute ein wichtiger Baustein in der chemischen Industrie und wird zukünftig eine noch größere Rolle spielen. Im Chemiepark Marl zeigt sich beispielsweise, wie vielseitig Wasserstoff bereits heute eingesetzt wird. Der Stoff kommt auf dem Gelände mit knapp 20 Unternehmen in fast jedem Labor und jeder Anlage zum Einsatz – und dass fast immer bei entscheidenden Prozessen. In der bp Raffinerie in Gelsenkirchen soll der grüne Wasserstoff für 105.000 Tonnen CO2- Einsparungen pro Jahr sorgen. Über den Förderzeitraum von zehn Jahren würde das eine Einsparung von insgesamt rund 1 Mio. Tonnen CO2 bedeuten.  www.iwkoeln.de

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